Zum Ukraine-Krieg – Leider hervorgeholt
Nur Krieger
Zeige mir das Gesicht dessen
der heute den Frieden bricht
Führe meine Hand
die zum Gruß ich dir reichte
Tauche sie tief in die Farben des Krieges
Öffne die Kleider
die zum Schutz ich hier trage
nimm sie vom Leib mir, damit ich euch spüre
Zeige mir
die zerrissene Haut der
zu Stein erstarrten Väter
Pflücke mir einen Strauß
aus den Farben des Krieges
und dann sammeln wir
die Düfte des Regens
Zeige mir das Gesicht, Generalissimo
Nur Krieger können Frieden schließen. Sagt Mann.
Aber zeige mir erst das Gesicht dessen
der heute den Frieden bricht
Katharina Jäschke, aus: Lebenszeichen, 2001
Zur Geschichte eines Gedichts
Das Gedicht entstand im März 2000. Auslöser waren Zeitungsartikel, die ich im Abstand von zwei Jahren im Wiesbadener Kurier gelesen habe:
Der erste Artikel, 1998... | ... empörte mich aufgrund seiner Schlagzeile und löste Widerspruch bei mir aus: „Nur Krieger können Frieden schließen“; NEIN, sagte ich mir... und hob den Artikel auf; Berichtet wurde über den russischen Fallschirmjäger-General a.D. und Politiker Alexander Lebed; Er erhielt den Hessischen Friedenspreis; Begründung: Als Staatssekretär des russischen Sicherheitsrates hatte Lebed mit dem Waffenstillstand vom 30.8.1996 den Krieg in der Republik Tschetschenien beendet und den Friedensschluss vom 12.5.1997 herbeigeführt. „Nur Krieger können Frieden schließen“ (zitiert nach Amos Oz, israelischer Schriftsteller) |
Zwei Jahre später, 4. März 2000... | dpa-Meldung: Erstmals nach Ausrufung des Partisanen-Krieges in Tschetschenien durch die Rebellen ist in der Nacht zum Freitag eine größere russische Kampftruppe in einem Hinterhalt getötet worden... Insgesamt hat Russland seit dem 1. Oktober 1999 im Kaukasus-Krieg 1.420 Soldaten verloren, 3.869 wurden verwundet, sagte der für Tschetschenien zuständige Kreml-Sprecher... |
Das Gedicht entsteht, März 2000 | Ich las und kramte den ersten Artikel hervor; Las die Schlagzeile „Nur Krieger können Frieden schließen“ erneut, fühlte mich bestätigt: NEIN, dieser Krieger hatte keinen Frieden geschlossen, das war ein einseitiger Frieden... Es entstand recht zügig das Gedicht mit dem Titel „Nur Krieger“; In diesem Gedicht geht es nicht um Krieg ODER Frieden, sondern darum, dass es immer heißen muss: Frieden! Frieden ist nicht nur die Unterzeichnung eines Abkommens, zu Frieden gehört, dass sich Menschen immer wieder neu verständigen müssen, von Mensch zu Mensch. |
Noch einmal zwei Jahre später, 29. April 2002... | ... verunglückte Alexander Lebed bei einem Flugzeugumsturz tödlich. „... Trotz seiner Verwicklungen in den Tschetschenien-Krieg wurde der Ex-General 1998 mit dem Hessischen Friedenspreis ausgezeichnet. ... Der Präsident des Föderationsrates, der zweiten Kammer des russischen Parlaments, sagte, Lebed sei ein unorthodoxer Politiker gewesen. „Er war ein Kriegsgeneral und bemühte sich gleichzeitig, Konflikte in Regionen wie Moldawien und Tschetschenien beizulegen.“" |
Veröffentlichtung des Gedichts, Dezember 2002 | Grosny ist ein Trümmerfeld. Am 27.12.2002 Selbstmordanschlag auf den Pro-Russischen Regierungssitz in Grosny mit über 55 Toten; Im nächsten Jahr (2003) gibt es ein Verfassungsreferendum; Die Unabhängigkeit steht nicht zur Debatte; |
Tschetschenien: | In den 90ern und 2000er Jahren kämpfte die Nordkaukasusrepublik um die Unabhängigkeit von Russland. Die Kriege forderten zehntausende Tote. Ebenso viele flohen. Im Jahr 2007 installierte die russische Staatsmacht Ramsan Kadyrow als Republikchef. Er ist loyal zum Kreml, herrscht diktatorisch und unterdrückt Kritiker mit Gewalt und Folter. Seitdem fliehen viele Tschetschenen vor ihm, beantragen unter anderem in der EU politisches Asyl. Quelle: https://www.deutschlandfunk.de/tschetschenen-in-europa-gefaehrder-und-gefaehrdete-100.html, geholt am 26.02.22 |